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PRESSE METROPOLIS:

Dernières Nouvelles d´Alsace DNA, Strasbourg 26,11,15 Corresponent: Emmanuelle Burtin

DNA Artikel TK

 




Badisches Tagblatt, Samstag, 14.11.2015, Autor: Jürgen Lorey, Foto: Ellen Matztat

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SWR Radio, Kultur, 24.11.2015 – Autor: Michael Seidl

Aus Gründen des Urheberschutzes darf der Rundfunkbeitrag nicht direkt in diese Website verlinkt werden – Die nachfolgende Transkription in Auszügen ist jedoch laut Auskunft der Rechtsabteilung des SWR gestattet

Punkt 19 Uhr dröhnen dumpfe Töne durch die Nepomuk Kirche. Auf dem Altar, an den Wänden unter der Decke der Kirche erscheinen Bilder von Steinen, Geröll, Wüste.

Vier Monate hat der Künstler Tilmann Krieg an der Installation gearbeitet.

Krieg: „Ich habe sehr viele Nächte in der Kirche hier verbracht, allerdings mit Fragmenten oder mit einzelnen Projektoren, wo ich mich eingesehen habe, wohin ich die Projektion richte. Dann habe ich die Sounds gemacht. Die Kunst war es eben, alles so zu synchronisieren, dass die einzelnen Teile auch parallel ablaufen und  nicht mit Versatz.“

Aus der Vorgeschichte – der Wüste – wird der Betrachter visuell entführt in den Dschungel, begleitet von der Musik von Mendelsohn und Vogelstimmen.

(Originalsound)

Alles lebt und gedeiht, ist voller Leben und selbst die Säulen und Pfeiler der Kirche scheinen für einen Moment sich zu bewegen. im Wind zu tanzen.

Doch dann wechselt die Tonart (Originalsound):

Über den Altarraum laufen Kriegsszenen, Bilder von kämpfenden und sterbenden Soldaten

Krieg: Diese Menschen, die jetzt hier nochmal an der Wand aufscheinen, die sind dem absoluten Vergessen irgendwie auch entrissen und können uns dadurch auch noch etwas für unser Leben sagen, zum Beispiel eine Warnung mitgeben. Einer der Soldaten lacht und zieht an seiner Zigarette – aber überlebt hat er es wahrscheinlich nicht, so, wie die anderen Bilder aussehen.

(Originalsound)

In Kapitel 12 schließt sich dann wieder der Kreis. Unterlegt mit Musik von Debussy, „La Mer“ rollen und stürzen 8 Minuten lang Meereswellen entlang der Decke und der Wände, quer durch den Altarraum, fast bis in die Sitzreihen. Weltuntergang. Der Betrachter droht hinweggespült zu werden, das Individuum löst sich auf in der Ewigkeit.

Theoretisch könnte Tilmann Krieg seine Symphonie auch in einer x-beliebigen Halle aufführen, aber eine Kirche ist für ihn die beste Projektionsfläche.

Krieg: Ich bringe, wie durch ein Kirchenfenster etwas an einen Ort, wo sich Spiritualität sammelt, wo andere Leute wiederum sich versammeln. Ich glaube, es wirkt hier besonders stark, ähnlich wie Licht durch ein Kirchenfenster oder wie es Heiligenbilder gibt, die ja auch Geschichten erzählen, so bringe ich auch Figuren, Szenen und Bilder von außen hierher.“

Nach 57 Minuten ist absolute Stille in der Kirche. Die Besucher müssen die Wucht an Bildern und Tönen ersteimal sacken lassen – und dann folgt Applaus und die Ankündigung von vielen, sich die Symphonie an einem der nächsten Abende nocheinmal anzusehen und anzuhören.

Besucherin: „Sehr schöne Bilder, sehr schöne Farben, schöne Eindrücke. Auch die Unterlegung mit der Musik hat mir gut gefallen…“

Andere Besucherin: „Die Bilder waren sicher wahnsinnig, aber ich habe das Gefühl, ich habe sie durch die Kirche nicht richtig wahrgenommen.

Weitere Besucherin: „Für mich war es am schönsten, die Farben so zu erleben, aber ich habe auch gemerkt, dass es sehr anstrengend von Schauen her war. Ich habe immer versucht, das Ganze in dem Bild zu erkennen, das habe ich einfach nicht gefunden, weil die Bilder dann weg waren, oder verschwammen.





Kehler Zeitung 22.11.15: Autorin / Correspondent: Ellen Matzat

„Visuelle Symphonie“ hat der international renommierte Fotograf und Künstler Tilmann Krieg seine Foto-, Video- und Soundinstallation genannt.7 Dabei handelt es sich nicht nur um eine kirchenraumfüllende Bildprojektion aus 5 Beamern, sondern um ein komplexes, symphonisches Werk in 12 Sätzen. Mehr als 1.200 Besucher haben die allabendlichen Aufführungen in St. Johannes Nepomuk bisher bewundert. Noch bis nächsten Freitag laufen die Vorstellungen jeden Abend ab 19.00 (außer Montag) und enden am 28.11. mit einem Abschlusskonzert.

„Ein guter Erfolg, mehr als ich gedacht habe“, freut sich Tilmann Krieg. Besucher kommen von weit her, etliche Kulturmanager und Kuratoren waren hier, es gab einen Rundfunkbeitrag in SWR Kulturradio sowie einen Fernsehbeitrag in der Landesschau Baden-Württemberg.

„Ich hatte die Vision, einen so großen Raum, wie die St. Johannes Nepomuk Kirche mit meinen Bildern zu füllen“, erklärt Krieg den Start des Projekts. „Zuerst hatte ich eine Aufführung unseres Projekts „Klangbilder“ vorgeschlagen, ein Abend mit den Musikern Thomas Strauß, Daniel Schay und Peter Erdrich“. Pfarrer Thomas Braunstein wünschte sich hingegeneine eigenständige Arbeit des Künstlers Tilmann Krieg – „etwas, das die Kirche füllt“. So entstand die Idee einer „Visuellen Symphonie“ – die den Künstler besonders in den vergangenen 4 Monaten intensiv beschäftigte.

„Das Projekt wurde immer komplexer. Wenn man so etwas anfängt, tun sich immer mehr Türen auf, was man noch alles in das Projekt integrieren wollte“, erklärt Krieg. Allein bei der Bildauswahl aus über 400.000 Fotos aus aller Welt musste er sehr diszipliniert vorgehen. In der Projektion laufen in 57 Minuten auf 5 Projektoren ca. 7.000 Bilder durch den Kirchenraum. Manche verweilen, manche sind kaum wahrnehmbar. Bilder und Architektur gehen eine Verbindung miteinander ein und lösen sie wieder auf. Flüchtiges setzt das Festgefügte in Bewegung, während es andererseits von der Räumlichkeit in einem gewissen Rahmen gehalten wird.

 „War das inhaltliche Konzept die eine Herausforderung, so war die technische Umsetzung die weit schwierigere“ sagt Krieg. Zu 6 Kapiteln hat er die Sounds selbst gemacht, die anderen teilweise mitklassischen Musikstücken oder moderner Experimentalmusik von Michael Vierling unterlegt. Die 12 Kapitel unterscheiden sich stylistisch und inhaltlich. Dabei spannt der Künstler einen Bogen vom Anbeginn der Welt bis in eine Zeit nach unserer Existenz. Dazwischen entfaltet sich das bunte, faszinierende oder manchmal auch erschreckende Kaleidoskop unseres modernen, menschlichen Lebens.

 „In dem Stück hat alles eine Bedeutung“, betont Krieg „es ist gefüllt mit Bezügen auf unsere weltanschauliche, religiöse und philosophische Kultur“.

Dunkel beginnt im ersten Satz das „Chaos“ bevor „Desert“ einen unwirtlichen Empfang bereitet. Die Erde ist wüst und leer. Dann klingt Musik von Mendelsohn – farbige Bilder fliegen vorüber, Urwald, Blumen, Vögel. „Creation“, – Schöpfung heißt das Kapitel, erinnert an das Paradies, bis am Ende der Hahn dreimal kräht.

„Work“ spricht eine ganz andere Sprache: Die Soundcollage vermittelt Industriehallenatmosphäre, Maschinen stampfen, Stahl kocht – durch Verfemdung entstehen faszinierende graphische Effekte. „Meine Arbeit bezieht sich bewusst auf den gleichnamigen Film von Fritz Lang aus dem Jahr 1921.Wie sich damals die Menschen den Herausforderungen der Industrialisierung stellen mussten, ist heute das große gesellschaftliche Thema die Globalisierung mit ihren Chancen, aber auch Gefahren.“

Auch zu Goethes Faust stellte Krieg einen Bezug her, „dem Drang des Menschen seine Welt zu gestalten aber auch sie auszubeuten“.

Nacheinander entwickeln sich die einzelnen Sätze der „Visuellen Symphonie“ und bestechen durch präzise Abgrenzung, sowohl inhaltlich, als auch in ihrer Stilistik: „Pride“ handelt von Vergnügenund Stolz, „Metropolis“ zeigt Weltstädte mit ihren Hochhauslabyrinthen, unterlegt von geheimnisvollen Klängen. Im Kapitel „War“ zerstört sich der Mensch selbst – zu den wunderschönen Klängen des Agnus Dei von Jacques Loussier. Die Musik endet als ein Schrei zu Gott: „Dona nobis pacem! – Gib uns endlich Frieden“. Es folgt Stille, bevor ein kleiner Totentanz das Kapitel „Spirituality“ einläutet.

Dann regt sich wieder Leben: In den Katakomben der Metrostationen. Menschen hasten durch die Gänge, Züge kommen an und fahren ab – für Krieg die Reise desLebens – Platonisches Höhlengleichnis in moderner Interpretation.

„Reflections“ meint den geistige Überbau des Menschen, Kultur Kunst, Philosophie. Symmetrische Bilder, fast wie Mandalas schweben über der Kirchendecke. In der klanglichen Kommentierung – wieder von Michael Vierling – hört man, wie Glas zerschlagen wird, erst vorsichtig, dann immer heftiger. Die Bilder beginnen zu zittern und der Zuschauer merkt, wie fragil unsere Existenz und unsere Kultur sind.

Dann beginnt die Musik aus „La Mer“ von Debussy. Gesichter scheinen auf, fliegen vorbei, immer schneller. „Das Leben des Menschen ist wie eine Blume in der Wüste – wenn der Wind darüber hinweggeht, findet man ihre Stätte nicht mehr.“ Wolken ziehen auf, Regen fällt,Wasser stürzt von Wänden und Decke, der Ozean ergießt sich in den Raum. Der Kreis schließt sich.

Ein kosmischer Stern strahlt im Dunkel – etwas Neues beginnt.

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